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Viele Spuren eines kreativen und begabten Menschen

Bruder Raymund Gallati hinterlässt viele Spuren. Das Bild zeigt ihn mit seinem Küchenteam im Dezember 2011. Am 21. Oktober wurde seine Auferstehung gefeiert und die Urne anschliessend bestattet. Die Predigt des Auferstehungsgottesdienstes von Bruder Josef Bründler wird im folgenden wiedergegeben. Zu erwähnen ist hier noch, dass sein leiblicher Bruder Werner Gallati am Abend vom 21. Oktober 2024 auch verstorben ist, d.h. Raymund gefolgt ist.

 

 

Er hinterlässt viele Spuren
Mit dem könnte man Pferde stehlen, sagen wir, wenn wir uns mit einem Mitmenschen gut
verstehen; wenn wir mit einem Menschen zusammenleben, dem wir vertrauen können und
auf den wir uns hundertprozentig verlassen können. Genau das sage ich von Bruder
Raymund. So habe ich ihn erfahren, hier in Luzern und in Olten. Mit ihm hätte man
tatsächlich Pferde stehlen können. Im Folgenden meine Begründung:
- Raymund, der liebenswürdige Bruder, der unsere Gemeinschaften belebte und
prägte. Einer, mit dem ich gerne auch gemütlich zusammen war. Einer, mit dem wir
uns ernsthaft, aber auch ungezwungen unterhalten konnten. Einer, der uns durch
und durch gut tat.
- Raymund, der Glarner. Zeitlebens blieb Raymund seiner Heimat und seiner Familie
treu. Mit ihm zusammen genossen wir den Glarner Schabziger. Es erstaunt nicht,
dass man auch in seiner Sprache immer wieder den typischen sympathischen
Glarnerdialekt heraushörte.
- Raymund, der tüchtige Buchdrucker. Da war er in seinem Element. Ich erinnere
mich gerne an das stets freundliche und offene Druckerei-Team der ordenseigenen
Fidelis-Druckerei – die unvergesslichen Brüder (Romain, Sixtus Adjut und
Raymund). Es war eben diese Offenheit, die Raymund immer wieder in Kontakt
brachte auch mit den jungen Brüdern, die als Studenten an der Universität oft die
Dienste der Brüder in der Druckerei zu allen Zeiten und Unzeiten beanspruchten.
- Raymund, der Koch. Legendär bleiben seine Hacktätschli, seine Saftplätzli, sein
Risotto, und sein Pilipili-Gewürz, ein Geheimtip für Insider. Sein Wissen und seine
Erfahrungen als Koch hat er auch an unsere Köche weitergegeben.
- Raymund, der Missionar, der spannend von seinen Einsätzen auf den Seychellen, in
Madagaskar und in Tansania erzählen konnte. Spannend wurde es jeweils für die
Gäste, wenn er von seinen Druckereierlebnissen auf den Seychellen erzählte, vor
allem als er für die Regierung Geld drucken musste und als er uns seine gedruckten
Blüten zeigte.
- Raymund, der Flüchtlingshelfer. Als in den 80-er Jahren die Flüchtlingsproblematik
aktut war, engagiert sich Raymund auch hier an forderster Front. Sein Engagement
brachte ihm den Übernamen «Tamilenschlepper» ein
- Raymund, der sozial Engagierte: Neben seinem Beruf als Druckereimeister und sein
vielfältiges Engagement in unserer Klosterfamlie engagierte sich Raymund auch
ausssen. Regelmässig war er eine Zeitlang mit dem Drogenbus unterwegs zu den
Menschen, die Hilfe brauchten.
- Raymund nahe bei der Jugend: Raymund hatte immer wieder einen guten Bezug zu
den Ministranten der Quartierseelorge, Die jungen Menschen schätzten seine
unkompliziert Art. Er hat auch verschiedene Ministranten-Lager mitgetragen und
mitgeprägt. Viele erinnern sich bis heute an seine offene und liebenswürdige Art.
- Raymund der Fasnächtler: Wäsmeli-Fasnacht, 1. Preis. Das war typisch für
Raymund. Der kontaktfreudige Raymund, war in der Quartierseelsorge Wesemlin
bekannt und die Wesemlianer und wir als Seelsorger schätzten die Präsenz unseres
Bruders bei den verschiedenen Anlässen der Quartierseelsorge.
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Die Beispiele mögen genügen, um zu beweisen, dass man mit einem solchen Bruder
gerne Pferde stehlen könnte, oder gerne Pferde stehlen möchte. Mit anderen Worten,
wir Brüder Kapuziner nehmen heute Abschied von einem Mitbruder, der für unseren
Orden und für die die mit ihm zusammenleben durften, Geschenkcharakter hat.
1. Bruder Raymund wurde am 15. November 1937 in Näfels als fünftes von sieben
Geschwistern als Sohn des Josef Gallati und der Hedwig, geb. Fisch geboren und in
der Pfarrkirche Näfels auf den Namen Paul getauft. Zusammen mit seinen
Geschwistern durfte Paul eine frohe Kindheit in Näfels erleben. Zeitlebens blieb er
mit seiner Familie verbunden. Paul besuchte die Primarschulen und drei Jahre die
Klosterschule der Kapuziner in Näfels.
2. Nach der Schulzeit absolvierte Paul eine vierjährige Lehre als Typograph,
Schriftsetzer und arbeitete eine Zeitlang auf dem gelernten Beruf. «Da mich diese
Tätigkeit allein zu wenig erfüllte, suchte ich in meiner Freizeit eine
Ergänzung.» bekannt er später. Paul fand diese Ergänzung bei der
Jungmannschaft und bei den Pfadfindern. Gerne erzählte er immer wieder von den
Erlebnissen aus dieser Zeit und von den Freundschaften, die Bestand hatten bis
heute.
3. «Bald nach der Lehre spürte ich den Ruf nach höheren Zielen» erzählt Paul aus
seinem Leben. Gerne hätte er sich als Entwicklungshelfer in einem Missionsgebiet
engagiert. Er meldete sich bei Interteam, dem deutschschweizerischen katholischen
Laienhilfswerk, das mit dem Ziel gegründet wurde, Anlaufstelle zu sein für
Fachkräfte, die in der Entwicklungshilfe tätig sein wollten und bereit waren in
Zusammenarbeit mit den Missionsorden religiöse Infrastrukturen aufzubauen. Das
brachte ihn wieder in Kontakt mit den Kapuzinern. Immer mehr reift ihn ihm
schliesslich der Wunsch in den Kapuzinerorden einzutreten. Paul wollte diesen
Schritt wagen «mit dem innigen Herzenswunsch Kapuziner und Missionar zu
werden.» Im 11. März 1961 begann für ihn das Postulat in Luzern und Solothurn.
Als Ordensnamen wählte Paul den Namen seines Lehrers und Vorbildes Pater
Raymund Stocker. Am 2. Februar 1962 begann für ihn das Noviziat in Luzern, das
bis zur zeitlichen Profess am 11. Februar 1963 dauerte.
4. Schon als Einfachprofesse galt Raymund als Missionskandidat und verbrachte zur
Vorbereitung und zur Weiterbildung Zeit in den Klöstern St-Maurice, Le Landeron
und Luzern. Er hat sich während dieser Zeit vor allem auch beruflich weitergebildet.
5. Am 2. März 1966 feierte Bruder Raymund mit seiner Heimatpfarrei die ewige
Profess. Wie eine Primiz wurde dieser Anlass von seiner Pfarrei gefeiert. Pater
Polykarp berichtet darüber: «Hätte Ritter Caspar Gallati noch erlebt, als sein
Namensvetter – der ehrwürdige Bruder Raymund Gallati - inmitten seines
Ehrengeleites an der Grabkapelle vorbeizog, um den Ritterschlag fürs Leben
zu erhalten, würde der Mann des Schwertes ihm das Herrenwort zugerufen
haben: Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das
Schwert. Das Vorhaben des Professen war aber nichts weniger als
kriegerisch; zog er doch aus, das Schwert des Geistes zu ergreifen».
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6. Am 27. November 1967 wurde Bruder Raymund in Näfels als Missionar ausgesandt.
Er war zunächst eine kurze Zeit in Karachi und Bombay, um die dortigen
Missionsdruckereien zu besichtigen um dann auf den Seychellen in Port Viktoria die
Leitung der dortigen Druckerei mit zwanzig Angestellten zu übernehmen. Von
Anfang an war es ihm ein Herzensanliegen, die einheimischen Fachkräfte zu
fördern. Neben seinem Beruf als Drucker engagierte er sich auch in der
Jugendarbeit und in der katholischen Arbeiterbewegung. Eine Zeitlang war er auch
Regierungsfotograf bei offiziellen Anlässen.
7. Die Situation auf den Seychellen, war damals nicht problemlos, wie wir aus einem
Brief von Bruder Raymund, den er 1975 an Verwandte und Freunde geschickt hat:
heraushören können: «Wir jungen Missionare, in grosser Minderheit, haben eine
grundverschiedene Anschauung von der heutigen Gesellschaft und Situation
im Lande. Es ist zu erwähnen, dass unser Missionspersonal schwer überaltert
ist. Das Durschnittalter liegt bei 57 Jahren. Diese Gruppe von Missionaren
versucht, die Kirche in die Sakristei zu verdrängen, wobei wir Jungen seit
vielen Jahren versuchen in der Arbeiterbewegung, in Presse und Katechese,
die Gewissen der Christen zu wecken und sie einzuladen, sich am Aufbau
einer Gesellschaft dem Geist des Evangeliums entsprechend, zu engagieren.
Im Namen dieses Evangeliums fahren wir weiter, die Rechte der Armen und
Ausgebeuteten zu verteidigen.» An den Provinzial schrieb er: Da ich nun von der
ganzen Situation in der Druckerei und im Orden bis über den Kopf hinaus
genug habe, fühlte ich mich gezwungen, einen definitiven Entscheid zu
treffen.. Ich bin in einem Zustand, diese Situation nicht mehr verkraften zu
können.
8. 1977 wurde Bruder Raymund nach seinem Heimaturlaub nach Tansania und
Madagascar gesendet, wo er ebenfalls die Druckereien leitete und als Photograph
für Missionsinformation tätig war. Im Ordenshaus der Kapuziner in Msimbazi
vertraute man ihm das Amt des Guardians an, für den Orden damals eine absolute
Neuigkeit.
9. 1981 wurde Bruder Raymund in die Schweiz zurückgerufen mit der Aufgabe die
Leitung der Fidelis-Druckerei im Wesemlin zu übernehmen. 35 Jahre blieb dies
seine Hauptaufgabe. In dieser Zeit galt es auch die alte Druckerei der neuen Zeit
anzupassen. Wie selbstverständlich engagierte sich Raymund während dieser Zeit
auch für die Klostergemeinschaft auf dem Wesemlin. Er war beliebter Aushilfskoch,
engagierter Allrounder, zuverlässiger Buchhalter. Seine soziale Ader zeigte sich,
wenn Raymund sich engagierte für Flüchtlinge und für Drogenabhängige in der
Stadt. 1997 wurde Raymund Vikar der Klostergemeinschaft. «Erstmals in der 414-
jährigen Geschichte des Kapuzinerklosters Wesemlin wird ein Nichtpriester
Stellvertreter des Hausoberen.» Neben all seinen Aufgaben und Verpflichtungen
pflegte Bruder Raymund gute Beziehungen zur Quartierseelsorge. Er war mit dabei
bei den Anlässen der Quartierseelsorge, nahm aktiv teil an der Quartierfasnacht und
war mehrmals mit dabei im Ministranten-Lager. Viele wertvolle Freundschaften
konnten während dieser heranwachsen.
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10. 2016 kam Raymund nach Olten. Er war Mitarbeiter der Missionsprokura und
half im Kloster überall mit, wo Hilfe nötig war. Wir schätzten Raymund’s offene
Augen für kleine, unscheinbare Arbeiten. Erst, als seine Kräfte nachliessen, fiel uns
auf, wie viele Aufgaben Bruder Raymund ganz selbstverständlich übernommen
hatte. Seine regelmässigen Rundgänge durch die Stadt, machten ihn auch nach
aussen bekannt. Nach Innen wurde sein Ordnungssinn legendär – so legendär,
dass es für uns gefährlich wurde etwas liegen zu lassen. Raymund hat so tüchtig
Ordnung geschaffen, dass etwas Liegengelassenes nur schwerlich wieder zu finden
war.
11. Als seine Demenz zunahm, fand Raymund liebevolle Aufnahme im Kloster
Schwyz, wo er liebevoll betreut wurde. Nach einem Hirnschlag hat er am Abend des
16. Oktober sein Leben zurück in die Hand Gottes gelegt.
12. Wir Brüder sind dankbar, dass Gott uns diesen liebenswürdigen Bruder
geschenkt hat. Wir danken Gott für die Spuren, die Bruder Raymund hinterlässt. Wir
danken in der Art des heiligen Franziskus, der einmal gesagt hat: Alles Liebe, alles,
Gute, das wir in unserem Leben erfahren, wollen wir Gott, dem Allerhöchsten
zurückerstatten, denn Gott ist der Grund alles Guten.