Gebhard Kurmann gestorben
Am 9. September 2025 starb der beliebte Lehrer und Seelsorger Bruder Gebhard Kurmann im Kapuzinerkloster Schwyz. Er schrieb in seiner selbstverfassten Todesanzeige:
Ich wurde 1942 auf dem grossen Hof ‘First’ in Willisau geboren und auf den Namen Emil getauft. Meine Eltern Alois und Paula Kurmann-Wapf haben mich zusammen mit meinen 12 älteren Geschwistern und einem Nachzügler ins Leben begleitet. In dieser Grossfamilie habe ich Bauernfreud und Bauernleid erfahren und einen natürlichen Umgang mit Schwestern und Brüdern gelernt. Und das Wichtigste: meine Eltern und Geschwister haben mir einen einfachen und geerdeten Glauben an Gott vorgelebt! Dankbar blicke ich auf diese Zeit zurück.
Nach der Schulzeit in Willisau halfen mir diese Erfahrungen, das Kollegi Stans ohne grosse Probleme zu durchlaufen und mit der Matura abzuschliessen. Im Herbst 1963 erfüllte sich mein Wunsch: ich dufte im Kloster Wesemlin bei den Kapuzinern eintreten. In einer kurzen Zeit des Zweifels im Noviziat fühlte ich mich unvermittelt durch das Jesus-Wort im Johannes-Evangelium persönlich angesprochen. Es sagte mir: «Du bist auf dem richtigen Weg!» So habe ich versucht, im Theologiestudium in Solothurn - und nach der Priesterweihe 1968 in Willisau - in verschiedenen Weiterbildungen ‘seinen Willen zu tun’. Nach der Ausbildung zum Sekundarlehrer an der Universität Freiburg wirkte ich von 1975 bis 1998 im Kloster Stans und im Kollegium St. Fidelis als Seelsorger, als Lehrer und Internatsleiter. In diesen Jahren wurde Nidwalden mit seinen lebensfrohen Menschen meine zweite Heimat.
Von 2001 an kamen die wunderbaren 14 Jahre als Quartiererseelsorger im Kloster Wesemlin dazu. Viele Frauen und Männer aus dem Quartier halfen mir, die Seelsorge zeitnah zu gestalten. Zweimal durfte ich als Guardian wirken: in Stans (1992-98) und in Schwyz (2016-22). Seit 2023 bin ich nun wieder als Patient in Schwyz, wo ich mich von kompetenten Ärzten, einfühlsamen Pflegefachfrauen und lieben Mitbrüdern betreuen lassen darf. Ihre Sorge um mich ist ein grosses Geschenk. In der Nachfolge des Hl. Franz von Assisi konnte ich an verschiedenen Orten den Willen Gottes tun. In all diesen Jahren hat er mir seine Liebe gezeigt durch liebe Menschen. Und ich habe erst mit 83 Jahren begonnen dies so richtig zu begreifen. Deo gratias! Br. Gebhard (Ostern 2025)
Schwyz, 10. September 2025
Br. Benno, Provinzial der Schweizer Kapuziner, Luzern
Br. Marzell, Guardian mit Kloster- und Pflegegemeinschaft, Schwyz
Geschwister, Neffen und Nichten
Beerdigung in Schwyz: 23.09.2025 um 15:00 Uhr in der Kapuzinerkirche
Dreissigster in Schwyz: 12.10.2025 um 8:00 Uhr in der Kapuzinerkirche
Erste Jahrzeit in Schwyz: 6.09.2026 um 8:00 Uhr in der Kapuzinerkirche
Lebenslauf von Br. Gebhard Kurmann (geb. 12. Februar 1942)
Der folgende Lebenslauf möge meinen Todesanzeige-Verfasser und den ‘Nachrufer’ entlasten. Es sei ihm erlaubt wegzulassen, was in seinen Augen nicht mehr passt oder zu ausführlich ist, und er kann eigene Erinnerungen an mich und an mein Wirken hinzufügen. Ich selber habe vieles ausgelassen, nicht weil es unwichtig ist, sondern weil es den Rahmen dessen sprengte, ‘was ich mir nachrufen möchte’! Glücklicherweise hat «Gott das letzte Wort» auch in meinem Leben. Er wird es neu uns sagen dereinst nach diesen Tagen im ew’gen Lichte dort» (M. Jenny, KG 1,4) Und dieses ‘letzte Wort’ wollen wir ihm vertrauensvoll überlassen!
Textvorschlag auf Todesanzeige:
«Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat.» (Joh 4,34)
Mein Lebenslauf
Es war der schmutzige Donnerstag, der 12. Februar 1942, als ich um 16.00 Uhr auf dem Bauernhof ‚First‘ in Willisau-Land geboren wurde, als zweitjüngstes Kind. Am 16. Februar wurde ich in der Pfarrkirche Willisau auf den Namen Emil Bernhard getauft, nachdem auf der Fahrt dorthin der Pferdeschlitten im hohen Schnee umkippte und ich vor der Taufe auf dem Ofen der Stadtmühle ‘aufgewärmt’ werden musste.
Zusammen mit meinen Eltern Alois und Paula Kurmann-Wapf und den dreizehn Geschwistern (8 Brüder und 6 Schwestern) habe ich eine gute Jugendzeit erlebt. Der grosse Hof hatte Platz für 16 Familienmitglieder, die von klein auf kräftig mitarbeiten konnten. Wir waren eine normale Familie mit einem guten Zusammenhalt und vielen gemeinsamen Erlebnissen. Wir haben viel miteinander gearbeitet, gespielt, gestritten und uns versöhnt, gelacht und auch gebetet.
Am 19. April 1951 starb unsere Mutter im Alter von 49 Jahren, als ich erst neun Jahre alt war. Das war für mich unverhofft und für uns alle viel zu früh. Ich erinnere mich, wie ich zuhause im Aufbahrungszimmer sprachlos am Sarg meiner Mutter sass und nicht verstehen konnte, warum sie hier in einem weissen Kleid lag und kein Wort mehr sagte. Oft habe ich mich damit getröstet, dass wir uns einmal wiedersehen werden. Zum Glück konnten meine älteren Schwestern mir und uns allen die verstorbene Mutter etwas ersetzen.
Nach 6 Jahren Primarschule und zwei Jahren Mittelschule in Willisau durfte ich auf Anraten meines Lateinlehrers Clemens Hecker 1957 ins Kollegium St. Fidelis in Stans eintreten. Ob ich ihm von meinem Wunsch, Kapuziner zu werden, etwas gesagt habe, weiss ich nicht mehr. Nach anfänglichem Heimweh habe ich mich in Stans sehr wohlgefühlt. Mein Berufswunsch blieb über all die Kollegijahre wach. Vor der 8. Klasse absolvierte ich noch die RS als Artillerie-Kanonier in Frauenfeld. Die Matura habe ich 1963 mit einem genügenden Notendurchschnitt abgeschlossen.
Vor meinem Klostereintritt durfte ich an der Wallfahrt der jungen franziskanischen Gemeinschaft im September 1963 teilnehmen. Das war eine wunderbare Vorbereitung auf das Noviziat im Wesemlin. P. Oktavian Schmucki führte uns dort jeden Abend in den franziskanischen Ort ein, den wir am nächsten Tag besuchten. Am 16. September wurde ich vom Novizenmeister P. Columban Rusterholz empfangen und habe den Ordensnamen ‘Gebhard’ erhalten.
Das Noviziat verlief für mich recht gut. Einige sind in diesem Jahr wieder ausgetreten. Auch ich fragte mich, ob ich auf dem rechten Weg sei. Eines Tages trafen mich die Worte Jesu: «Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat.» (Joh 4,34). Sie bestärkten mich, den Weg als Kapuziner weiterzugehen und begleiten mich bis heute.
Nach der einfachen Profess führte mich dieser Weg 1964 zusammen mit Sigfried, Thomas-Morus und Isidor für ein Jahr ins Philosophiestudium nach Stans und dann ins Theologiestudium nach Solothurn. Zu dieser Zeit (1962-1964) fand in Rom das Vaticanum II statt; Papst Johannes XXIII. hatte es einberufen und ihm das Motto ‘aggiornamento’ gegeben. Dieses Konzil bereicherte unser Theologiestudium enorm und weckte in uns allen grosse Hoffnungen auf Veränderungen in unserer Kirche. Dabei wurden wir von erfahrenen Lektoren und jenen, die gerade ihr Uni-Studium abgeschlossen hatten, hervorragend auf unser späteres Wirken in der Seelsorge vorbereitet. Das war eine höchst interessante und bereichernde Zeit. Ich denke gerne zurück an die Studienjahre im Kreise vieler Mitstudenten und Mitbrüder in Solothurn. Das erste Studienjahr hatte eben begonnen, da starb am 30. Oktober 1965 mein Vater im ‘hohen’ (!) Alter von 70 Jahren. Inzwischen sind auch sechs Brüder und zwei Schwestern von mir gestorben.
Vom emeritierten Bischof Franziskus von Streng erhielt ich am 19. Juni 1968 zusammen mit einem Weissen Vater in Willisau die Priesterweihe. Dieses Ereignis und meine Primiz in der Heimatpfarrei hinterliessen in mir eine bis heute andauernde Erinnerung als ein frohes und riesiges Fest der ganzen Pfarreifamilie.
Als Vorbereitung für meine späteren Einsätze ging es ins Pastoraljahr nach Wil SG unter der Leitung von Br. Martin Germann, dann zum einjährigen Probejahr an die Klosterschule Näfels, wo ich mich zum Lehrerberuf hingezogen fühlte. Deshalb durfte ich für ein Jahr nach Paris, wo ich am ‘Institut Catholique’ Vorlesungen belegte und meistens abends an der ‘Alliance Française’ Sprachkurse besuchte.
An der Universität Freiburg liess ich mich dann zum Sekundarlehrer phil. I ausbilden. Am 25. Mai 1975 erhielt ich dort das entsprechende Diplom für die Fächer Pädagogik, Deutsch, Französisch und Schweizergeschichte mit einem Gesamtprädikat ‘cum laude’.
Im Alter von 33 Jahren konnte ich anfangs September 1975 meinen ersten Einsatz im Kloster in Stans und am Kollegium St. Fidelis und beginnen. Dort wirkte ich 17 Jahre hauptsächlich als Lehrer der unteren Klassen, von 1978 zusätzlich 10 Jahre als Internatsleiter. Diese Tätigkeit konnte ich 1990/91 in einem Sabbatjahr unterbrechen, wo mir besonders der viermonatige Aufenthalt in Madagascar in bester Erinnerung bleibt.
Wieder zurück wirkte ich noch einige Zeit in der Schule und dann vermehrt in der Seelsorge Nidwalden, kurze Zeit als Vizedekan. 1992 habe ich den Schuldienst endgültig aufgegeben, weil ich für 6 Jahre zum Guardian daselbst berufen wurde. Während ich auf den Schulunterricht gut vorbereitet war, half mir nur das Vorbild von guten Guardianen, dieses Amt zu übernehmen und auszuführen.
Und eine zweite Erinnerung ist geblieben: In der Stanser-Zeit ging ich fast jedes Jahr für eine Woche nach Taizé, mit Studenten oder alleine. Die Gottesdienste mit der Gemeinschaft und den vielen eher jugendlichen Menschen haben mir immer sehr entsprochen. Zweimal hatte ich sogar die Gelegenheit, mit Frère Roger Schutz einige Worte zu wechseln; seine bescheidene Art hat mich tief beeindruckt.
1998 wurde ich für zwei Jahre nach Brig mutiert. Im Januar 2000 durfte ich in Luzern die Quartierseelsorge Wesemlin übernehmen. Zu Beginn hatte ich grossen Respekt davor, aber mit dem Verständnis der Mitbrüder und der Mithilfe vieler Leute aus dem Quartier wurde mir diese Zeit je länger je mehr zu einer grossen Freude, die mich sehr befriedigte. Besonders will ich hier die Mitarbeit von qualifizierten und engagierten Frauen hervorheben, von denen ich für die Seelsorge, für die Gestaltung von liturgischen oder weltlichen Feiern viel lernen konnte. Ihnen bin ich bis heute freundschaftlich verbunden. Und in diesem Zusammenhang habe ich einen Traum: es möge bald die Zeit kommen, wo Frauen und Männer gleichberechtigt diakonisch und priesterlich wirken dürfen, im Auftrag und mit dem Segen unserer Kirche! Sind doch beide zusammen das wahre und vollständige Abbild Gottes, von ihm geschaffen!
Nur ungern habe ich Luzern im September 2015 verlassen, um in Schwyz zuerst als Klostermitglied und von 2016 bis 2022 als Guardian zu wirken. Diese anspruchsvolle Aufgabe konnte ich nur dank guter Pflegerinnen und tüchtiger Mitarbeiter zum Wohle unserer kranken und pflegebedürftigen Mitbrüder leisten. Ihnen gilt heute noch mein herzliches ‘Danke schön’! Ihren Einsatz für die pflegebedürftigen Mitbrüder können wir nicht hoch genug schätzen. Im Verlauf der Zeit habe ich mich in Schwyz richtig daheim gefühlt.
Nach gut einem Jahr in Kloster Wesemlin bin ich am 28. Dezember 2023 aus gesundheitlichen Gründen wieder gerne nach Schwyz zurückgekehrt, diesmal auf die Pflegestation als Krebspatient. Ich bin sehr dankbar, dass ich hier von allen freundlich aufgenommen wurde und jetzt eine gute Pflege und Begleitung erhalte!
Zum Schluss will ich danken.
Zuallererst danke ich Gott, der mich im Kapuzinerorden in seine Nachfolge berufen hat. Er hat mir vielfältige Talente gegeben und dazu jeweils die nötige Kraft und Phantasie, damit ich die mir gestellten Aufgaben möglichst gut erfüllen konnte.
Dann danke ich meinen Eltern und Geschwistern, die mir meinen Weg ermöglicht und ihn immer wohlwollend begleitet haben. In diesen Dank schliesse ich alle meine Nichten und Neffen mit ihren Kindern ein, die mir freundschaftlich verbunden waren und es bis heute sind.
Ich denke dankbar an all die vielen Menschen innerhalb und ausserhalb des Ordens, denen ich in meinem Leben begegnet bin, mit denen ich zusammenarbeiten und zusammenleben durfte und die in ‘guten und schlechten Zeiten’ zu mir gestanden sind.
Fazit: Ich habe in allen Kapuzinerjahren versucht, den ‘Willen dessen, der mich gesandt hat’ so gut es geht zu erfüllen. Ich habe keine wissenschaftlichen Höhenflüge unternommen und keine Bücher geschrieben. Jene, die das konnten, habe ich stets bewundert. Nach dem Sprichwort: ‘Schuster bleib bei deinem Leisten’ habe ich versucht, durch praktische Leib- und Seelsorge vielen Menschen zu dienen, sie in ihrem Suchen zu begleiten und in ihrem Glauben zu stärken, wie auch ich durch ihren Glauben gestärkt wurde. Zusammen haben wir versucht zu leben, was Karl Rahner als das Wesen des Glaubens bezeichnet hat: «Die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang auszuhalten.» Er möge alles vollenden, was ich begonnen und als Bruchstück zurückgelassen habe. Laudetur Jesus Christus!
Schwyz, 12. April 2024
Hier geht es zum Lebenslauf, wie in Bruder Adrian Müller am Auferstehungsgottesdienst vorgetragen hat.